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Gute Bildung braucht gute Bezahlung

Verfasst von Luis Autonomo am 18. Februar 2010 - 21:39
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Gute Bildung braucht gute Bezahlung

 
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Bei der Lektüre des „Entwurfs für ein Integrations- und Diversitätskonzepts“ sind mir folgende Dinge zu Sprache und Inhalt auf- und eingefallen:
Zunächst einmal zum Positiven!
Sehr begrüßenswert finde ich das klare und eindeutige Bekenntnis zur Mehrsprachigkeit als Orientierungsidee bei Bildungs- und Integrationsprozessen. Endlich einmal keine deutsch-monokulturell ausgerichtete Leitsprachen- und Leitkulturforderungen mehr! Sehr zustimmend habe ich Äußerungen wie die folgende gelesen: „Wir halten es für wichtig, Mehrsprachigkeit als Beitrag zur Integration ernst zu nehmen und zu stärken. In einer verstärkten institutionellen Förderung von Herkunftssprachen sehen wir zugleich eine wichtige Grundlage für einen erfolgreichen Deutscherwerb.“(s. 138) Hier wird nun endlich der – auch wichtige und notwendige Deutscherwerb – von der richtigen Seite her angepackt, nämlich von jener der betroffenen Menschen, und die verfügen zunächst einmal über andere Familiensprachen. Wie realitätsblind allerdings die deutsche Gesellschaft immer noch für diese Probleme ist, spiegelt sich wider in dem Satz, „inzwischen (!) setzt sich die Erkenntnis durch, dass im deutschen Bildungssystem schon beim Eintritt in die Grundschule das Sprachvermögen in de deutschen Sprache entscheidend für den weiteren Bildungserfolg ist.“ (In dem Beitrag von Rolf Schmidt, S. 141, Hvhbg. von mir E. O.). „Inzwischen“ ist gut, denn das war schon in den frühen 50er Jahren klar und bekannt, nur waren es damals die Dialektsprecher/-innen in ländlichen Regionen, die von den Kindern des Bildungsbürgertums schulisch ausgestochen wurden. Hier hat man – und da ist auch die von integrativen Absichten getragene Sprache von Schmidt verräterisch – nicht „inzwischen“ etwas seit Langem Bekanntes gemerkt, sondern es verhält sich so, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft und die maßgebliche Politik den Bildungserfolg von Einwanderern lange genug schlicht nicht gewollt hat.
Ärgerlich in diesem Zusammenhang der neoliberale Neusprech, wenn von Mehrsprachigkeit als „Ressource“ die Rede ist und damit wieder nur der äußerliche – wirtschaftliche – Nützlichkeitsaspekt von Bildungsprozessen im Vordergrund stehen soll (z. B. S. 132, S. 137). Etwas freundlicher ist dies bei Schmidt benannt, wenn bei ihm „Mehrsprachigkeit des Individuums als [...] individueller Reichtum“ (Schmidt, a. a. O. S. 141) bezeichnet wird. „Reichtum“ ist allerdings auch nichts wesentlich Anderes als eine „Ressource“, nämlich etwas, worüber man verfügt. Sprache wird hier zu etwas den Menschen Äußerlichem erklärt, das man sich aneignet („erwirbt“ ist der neuere Sprachgebrauch, der nicht von ungefähr auf einen kaufmännischen Ursprung verweist!) und dann zu seiner Verfügung hat. In Wahrheit ist Sprache ein untrennbarer, substanzieller Teil der Persönlichkeit, ja überhaupt, die zentrale formative Kraft, die Denken, Bewusstsein und seelisches Leben gestaltet. Deswegen u. a. enthält das Grundgesetz in Artikel 3 (3) ein Nichtdiskriminierungsgebot hinsichtlich der Sprache, was allen, die ultimativ von Einwanderern verlangen, Deutsch zu lernen, um überhaupt in den Genuss grundlegender Rechte zu gelangen, unter die Nase gerieben werden sollte!
Sprachpolitik und sprachpolitische Maßnahmen sind aus den genannten Gründen als staatliche Eingriffe in die Persönlichkeit bzw. Persönlichkeitsentwicklung zu werten, was gegenüber erwachsenen Einwanderern noch viel mehr als im Verhältnis zu Kindern gilt und worüber immer noch ein viel zu geringes Bewusstsein in Deutschland besteht (auch in diesem Integrations- und Diversitätskonzept).
Zur Sprache des Textes und einzelnen Aussagen
Im Folgenden möchte ich – punktuell – auf Formulierungen hinweisen, die in meinen Augen problematisch bzw. zu kritisieren sind.
S. 111
Der Begriff der „fairen Bildungschancen“, die gewährt werden sollen. Was ist unter dem Begriff „fair“ zu verstehen. Dies ist – als Begriff aus dem sportlichen Wettbewerb – nichts, was hier etwas zu suchen hat. „Fair“ ist auch etwas deutlich Anderes als beispielsweise „gleiche Zugangsmöglichkeiten“ u. Ä.! Anstelle von diesem, den Konkurrenzgedanken betonenden Begriff ist hier einer einzufordern, der die rechtliche Gleichstellung betont, damit auch die gegebenenfalls Einklagbarkeit von Bildungsmöglichkeiten!
S. 111
„Lebenschancen“: Der Begriff ist obszön! Siehe hierzu GG Art. 2 (1,2) und das hier verkündete Recht auf Leben und freie Entfaltung seiner Persönlichkeit! Begriff wie „Lebenschancen“ sind in meinen Augen Versuche, diese Menschenrechte auf das Billigformat neoliberaler Bildungsökonomie herunterzurechnen.
S. 111
„Die internationalen PISA-Studien sowie andere Untersuchungen haben wiederholt die Frage aufgeworfen“ (Hvhbg. von mir, E. O.), „wie sehr Bildungschancen eines Kindes vom sozialen Status der Eltern abhängig sind.“ Das ist einer der zahlreichen puren Euphemismen in dieser Schrift zur Rettung der nationalen Ehre, denn tatsächlich haben die benannten Studien Deutschland einen der hintersten Ränge weltweit in dieser Frage nachgewiesen!
S. 111
„Kompetenzen in der deutschen Sprache sind entscheidende Voraussetzungen für erfolgreichen Bildungserwerb.“
Das steht hier einerseits so harmlos, als wenn es ein Naturgesetz wäre, dass dem so ist und ist zudem so schön sachneutral ausgedrückt, als wenn es sich nicht so verhielte, dass auch heute noch Deutsch als der soziale Filter eingesetzt wird, um im Bildungssystem Ausgrenzung zu betreiben (vielleicht nicht gerade in Frankfurt).
S. 113
Hochproblematisch finde ich die hier getroffene Aussage über den „Anstieg der ausländischen“(sic! – Wann hört das endlich einmal auf?) „Schülerinnen und Schüler in Förderschulen“ und dieser nur „Sorge bereiten“ muss. So etwas ist ein sozialer Skandal und in diesem Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass die Existenz der so genannten Förderschulen nach der neuen UN-Behindertenkonvention im Großen und Ganzen ein Unding ist, zumal als Abschiebeanstalt für Kinder von Einwanderern!
S. 113
Die Aussagen zur Stagnation bzw. zum Rückgang des Bildungserfolges von Kindern aus Einwandererfamilien („Trotz vielfacher Anstrengungen der Fachdezernate konnte in den letzten Jahren eine signifikante weitere Verbesserung nicht erreicht werden.“) führen zu keiner Ursachenforschung. Hier ein paar Vorschläge:

Bezahlung
An verschiedenen Stellen ist von Maßnahmen die Rede, bei denen sich die Frage nach der Bezahlung der Lehrkräfte/des pädagogischen Personals/der Multiplikatoren stellt. So z. B. auf
S. 121: „Schülerinnen und Schüler, die Sprachschwierigkeiten in Deutsch haben, werden in Kleingruppen von drei bis fünf Schülern gezielt und unentgeltlich gefördert. Studierende der Universität Frankfurt, die vorzugsweise (!) einen Migrationshintergrund haben, erteilen die Förderkurse, die für die Schülerinnen und Schüler unentgeltlich sind.“
Gelungenes Outsourcing von pädagogischen Hilfen, die zum Regelangebot des allgemeinbildenden Schulsystems gehören sollten, nenne ich das, wobei die – eigentlich selbstverständliche! – Unentgeltlichkeit dieser Fördermaßnahmen mit der Missachtung und fehlenden Wertschätzung der „migrantischen“ Arbeitskraft bezahlt wird! Die gleiche Frage stellt sich hinsichtlich der am „DeutschSommer“ Mitarbeitenden. Prekäre Beschäftigung - wenn überhaupt! – darf hier unterstellt werden. Die ca. 20 - 28 in diesem Kontext erteilten Unterrichtsstunden reißen es m. E. im Übrigen auch nicht raus, was im Regelunterricht nicht erbracht werden konnte dank mangelnder „Ressourcen“!
S. 124f „Ausbildungsorientierte Elternarbeit“: „Das AmkA arbeitet hierfür im Rahmen von Honorarverträgen mit Multiplikatoren zusammen, die die Herkunftssprachen der Eltern sprechen.“ Erstens hat es sich zu den Amtsjuristen der Stadt immer noch nicht herumgesprochen, dass der Begriff „Honorarvertrag“ ein Unding im Sinne des Bürgerlichen Rechts ist, da dieses nur von „Dienstverträgen“ bzw. „Werkverträgen“ spricht. Zweitens verbergen sich hinter dem Unwort „Honorarverträge“ die sattsam aus der Einwandererpädagogik bekannten Billigst-Formate, bei denen sich die Stadt die Sozialkosten für die Beschäftigten spart und ganz viel „integrativen Output“ erwartet. Frage hier, inwieweit die Multiplikatoren für die offenkundig notwendige Teilnahme an „vorbereitenden und begleitenden Fortbildungen“ und den „regelmäßigen Treffen und Workshops zum Erfahrungsaustausch“ eine adäquate finanzielle Entschädigung erhalten! Bei der bekannten Knausrigkeit der Stadt in diesen Fragen wohl eher nicht; Ausführungen hierzu spart man sich im „Integrations- und Diversitätskonzept“ – etwa, weil es sicht nicht gehört, übers Finanzielle in der Öffentlichkeit („Über Geld spricht man nicht, Geld hat man!“) allzu deutlich zu sprechen?
S. 132
Hier feiert sich die Stadt als generösen Finanzier der Sprachintegration, obwohl bekannt ist, dass die – prekär beschäftigten – Lehrkräfte der VHS, die man hier anführt, skandalös miserabel bezahlt werden und seit 2001 (!) keine wirkliche Honorarerhöhung mehr erhalten haben. „Wie nachhaltig diese durch erhebliche kommunale Zuschüsse geförderten Angebote gewirkt haben...“ In den letzten Jahren ist die berufliche Existenz der Lehrkräfte im Deutschkursbereich zum nackten Überlebenskampf geworden; dafür gibt es aus der Berichterstattung der kommunalen und überregionalen Presse in den letzten Jahren reichliche und gut recherchierte Berichte!
Vorschlag: Deutliche Verbesserungen in der materiellen Lage der Lehrkräfte der VHS!
Das AmkA-Papier äußert sich – zutreffender Weise – kritisch zu den Bedingungen bezüglich der Integrationskurse. Verschwiegen wird, dass die VHSen (und die Frankfurter war damals mit im Konzert) schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt (2004 und 2005), als es um die Frage der zu zahlenden Honorare an die Lehrkräfte ging, noch unter den ruinösen Vorgaben der Bundesregierung bzw. des BAMF bleiben wollten. Skandalös in diesem Zusammenhang ist vor allem, dass der bis zum 31.12.2004 geltende Garantiehonorarsatz von € 23 für die vom Sprachverband für ausländische Arbeitnehmer geförderten Kurse meines Wissens bis heute nicht für die Lehrkräfte der VHS erreicht wird.
Vorschlag: Wegkommen von den prekären Arbeitsverhältnissen in der Integrationsarbeit, hin zu vollwertigen Beschäftigungsverhältnissen, die dem Ernst des Anliegens gemäß sind und insbesondere wertschätzender Umgang mit Tätigkeiten, die von Einwanderern verrichtet werden, was nur bedeuten kann, weg von der Ehrenamtlichkeit und hin zu – anständig – bezahlten Arbeitsverhältnissen. Welche Integrationsanstrengung kann denn auf Dauer ernst genommen werden, wenn sie auf ehrenamtlichen und Billig-Beschäftigungen beruht, sobald es um Dienstleistungen von Einwanderern geht!
Gleichfalls skandalös – und allen Mehrsprachigkeitsvorhaben und wohlmeinenden integrativen Ansätzen zuwiderlaufend – ist aber auch die Tatsache, dass die auf S. 133u erwähnten Änderungen im Aufenthaltsgesetz und der Integrationskursverordnung (Novellierung 2007) eine Bestrafung für Nicht-Besuch von Integrationskursen vorsehen (hier dezent verschwiegen!), nämlich bis zu € 1000 Bußgeld sowie weitere aufenthaltsrechtliche Sanktionen, die aus dem Integrationskurs m. E. gegebenenfalls einen Zwangsassimilationkurs machen.
S. 135
Bei dem Förderungsprogramm zum beruflichen Deutsch stellt sich mir die Frage, inwieweit hier Freiwilligkeit gegeben ist, da hier Bezug genommen wird auf Leistungsempfänger gem. SGB II und III und damit gleich auch das gesamte administrative Zwangsinstrumentarium des „Fördern-und-Fordern-Katalogs“ mit auf dem Tisch liegt. Hier also der Verdacht, dass sich hinter dem Teilnehmen-„Können“ zu Beginn des letzten Absatzes ein durch Drohung des Leistungsentzugs erzwungenes Teilnehmen-Müssen verbirgt, was hier praktischerweise in dien schon erwähnten Neusprech des homo ökonomicus verpackt und damit verschleiert wird.
Nach dem vielen Kritischen zum Schluss dann doch noch etwas, was mir gefällt, nämlich die auf S. 139 angesprochene Notwendigkeit, in den Stadtbibliotheken verstärkt herkunftssprachliche Bücher anzubieten und Lesepartnerschaften zu entwickeln. Überhaupt müsste mehr dafür getan werden, die – von der Größe der Einwanderergruppen her – bedeutsamen außereuropäischen Sprache aus ihrem kulturellen Getto herauszuholen und unter der deutschen Bevölkerung stärker zu propagieren, anstelle einer zweiten oder dritten europäischen Fremdsprache sich vielleicht dem Türkischen oder Arabischen zuzuwenden!
Luis Autonomo

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